Freitag, 14. Februar 2014

Mea culpa



"mea culpa, mea maxima culpa…"

 
…und diesmal ist es weder ironisch noch zynisch gemeint sondern kommt von ganz tief drinnen.


Ich glaube nicht. Kann ich nicht.
Ich habe Probleme damit etwas zu begreifen was ich nicht sehen, riechen oder fühlen kann.
Ich glaube nicht an Religion, an Wasser mit Heilsteinen, an Feng Shui, an Übersinnliches, an die Seele …

Ich würde mich selbst als robust beschreiben, vierschrötig, kernig. 

Ich kann einstecken. Klappe nicht so schnell zusammen.


Ich war bisher immer der festen Überzeugung das man fast alles alleine durchstehen kann. 

Hingefallen? Kann passieren, Arsch zusammen kneifen, aufstehen, Dreck abschütteln und weiter gehts.
Stell dich nicht so an gedankenhüpfer.
Kampf-Hamster eben.
 
Soviel zum Vorgeplänkel zur Erklärung.



Seit einigen Jahren beobachte ich in meinem Umfeld wie die Menschen sich Hilfe holen. Von Fremden.


Bisher war meine Reaktion darauf immer ein Schulterzucken bzw hochgezogene Augenbraue.
Mit seinen Problemen zu Fremden zu laufen und sich dort helfen zu lassen war, sagen wir, IMMER eine Option die ich nicht nachvollziehen konnte.

Bisher.

Ich habe nicht verstanden wie man freiwillig seine Probleme vor anderen preisgibt.
Ich habe nie verstanden weshalb man Hilfe von Fremden annehmen kann/soll/muss.

Nun habe ich, wie gesagt, seit einiger Zeit dieses in meinem direkten Umfeld beobachtet.
Warum ist das so, habe ich mich gefragt. Ist das wie Heuschnupfen, das ist auch mehr geworden oder die Lactoseintoleranz oder Burnout oder ADHS? Davon waren vor 20 Jahren nur ein Bruchteil der Leute betroffen und heute findest du es quasi an jeder Straßenecke.
Verweichlichen wir?
Nein.

Es liegt an unserem Umfeld. Das hat sich gewandelt. Sowohl die Natur, wie der Umgang miteinander. Der Mensch lebt heute in einer anderen Welt wie vor xx Jahren. Und damit ändert er sich auch. Evolution nennt man das glaube ich auch.

Der ehemalige Schulkamerad den ich getroffen habe. Er erzählte mir das er Probleme hat. Seit einiger Zeit lebt er in einer psychiatrichen Einrichtung geht aber tagsüber raus zum arbeiten. Jeden Abend kehrt er in die Einrichtung zurück. Freiwillig.

Der entfernte Verwandte der das dritte mal zusammengeklappt ist, nur mit Medikamenten leben kann und schon wieder mal eingeliefert wurde.

Der gute Freund der zur Paartherapie geht. Nicht weil es die Frau verlangt hat, sondern weil er glaubt das es helfen wird die Beziehung zu retten.

Die Bekannte, die Unterstützung in Einzelsitzungen bei einem Psychiater sucht weil sie mit ihrer Ess-Brech-Sucht nicht weiter weiss.

Alles Menschen die - so dachte ich bisher - vom Leben nicht so hart rangenommen wurden. Gutaussehend, solides Einkommen, arbeitend. Menschen denen du auf dem ersten Blick nicht ansehen kannst das da etwas nicht stimmt. Menschen von denen ich bisher gedacht habe das da doch ein wenig gesunder Menschenverstand weiterhilft.

So habe ich bisher gedacht.

Als sich diese Dinge häuften habe ich mir meine Gedanken gemacht warum das so ist. Warum sie an der einen oder anderen Stelle nicht weiterkamen.
Habe mir überlegt was denn so in MEINEM Leben schon für Scheiss gelaufen ist und wie ich damit umgegangen bin.

Und da dämmerte es mir…


Die Situation, als mir richtig bewusst wurde, das der Herz-Zersplitterer es ernst gemeint hat, als er sagte das Schluss ist. Wie ich heimgekommen bin weiß ich bis heute nicht. Auch an die nächsten 3 Tage kann ich mich nicht erinnern. Aus den (sanften) Erklärungversuchen meiner Eltern habe ich herausgehört das ich wohl einen Nervenzusammenbruch hatte. Glücklicherweise habe ich eine Wohnung im gleichen Haus gehabt. Sie haben mich schreien/weinen gehört. Sie haben den Arzt gerufen. Sie haben 3 Tage an abwechselnd an meinem Bett gesessen und mich gefüttert, gewaschen, gehalten, gestreichelt, getröstet.


Die Situation als mir deutlich gemacht wurde das ich niemals Kinder bekommen werde. Da war die ehemalige Kommilitonin. Zufällig wiedergetroffen. Sie machte genau das gleiche mit. Parallel zu mir. Wir haben das zusammen durchgestanden. Immer wenn einer von uns in einem Tief war hat er den anderen anrufen können und sich Trost holen können.


Die Situation als mir beim bauen alles zu viel wurde. Als mir danach war, drei Laster mit Beton zu bestellen, alles zulaufen lassen und grün anzumalen. Da war der Mann da. Hat beruhigt, hat gut zugeredet, hat mich in den Arm genommen.


IMMER, IMMER hatte ich Familie, Freunde, den Mann um mich herum die mich behütet, getröstet, mich unterstützt haben.

Was machen die Menschen die das nicht haben?
Und das war der Punkt an dem ich begriff. Sie holen sich Hilfe von aussen.

Nicht jeder hat das große Glück so ein Umfeld wie ich zu haben.

Und jetzt da ich es begreife, kann ich nur sagen, Leute, holt euch die Hilfe. Es ist gut so. Es ist richtig.

Mea culpa das ich es nicht viel früher begriffen habe.





1 Kommentar:

  1. Meist ist es wohl so, dass man niemanden hat, aber manchmal ist es vielleicht auch einfacher jemand fremden seine Ängste und Sorgen anzuvertrauen, weil man sie nicht jemandem sagen möchte, der einen kennt und vielleicht "befangen" ist.

    Ich denke du solltest dir keine Vorwürfe machen. Manchmal kann man andere Menschen einfach nciht verstehen.
    Geht mir auch so;-)

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