Mittwoch, 7. Oktober 2015

Die roten Strümpfe …


… so richtig rot, ein Weihnachtsmannrot. 


Signalwirkung.


Ich spreche hier nicht von der ach so hippen, trendy Unart einiger Anzugträger, unter einem dunklen Anzug grellbunte Socken zu tragen. Zugegeben, für Männer ist es echt schwer Farbe zu zeigen. Was haben sie nicht alles ausprobiert, von der selbstgestalteten Seidenkrawatte in Mondrian-Style über schreiende, augenkrebseregende Oberhemden bis zu dem locker, fluffigen Schal. Mann hat's nicht leicht.

Aber ich schweife ab. 
Um Männer soll es mal nicht gehen.
Es geht um die Omi.


Sommer wie Winter im dunklen Mantel, dunkle Schuhe, die weißen Haare ordentlich zu einem Dutt zusammengefasst und die roten Strümpfe.

Jeden Morgen bzw Abend fahre ich am Seniorenstift betreuten Wohnheim vorbei. Unmittelbar davor ist eine Bushaltestelle. Und da sitzt die Omi. Jeden Tag. Manchmal sehe ich sie nur morgens, manchmal nur abends und manchmal auch morgens und abends. Geduldig sitzt sie da als warte sie auf den Bus. Vielleicht beobachtet sie aber auch nur den Verkehr. 

Und ich mache mir so meine Gedanken…


Warum sitzt sie da?

Wartet sie auf Besuch?
Ist das Fernsehprogramm nicht nach ihrem Geschmack?
War sie ihr Leben lang an der frischen Luft und kann es in geschlossenen Räumen nicht lange aushalten?
Flüchtet sie vor Ärzten, Pfleger(innen) und anstrengende Mitbewohner?
Ist es da draußen alleine an der Bushaltestelle allemal besser wie drinnen im Heim?

Und dann frage ich mich, wie schaut es bei mir so in ein paar Jahren aus…

Dunkel. Düster …

Rein vom praktischen her müssten wir (der mann und ich) uns auch irgendwann in ein Stift einkaufen. Keine Kinder die eine Betreuung übernehmen (ja, bei uns auf dem Land gibt es das noch), Nichten und Neffen würden mir was husten wenn ich das verlangen würde, wer also würde eine Betreuung oder gar Pflege übernehmen? Bleibt nur noch der private Pflegedienst (so lange es noch geht) oder eben das Heim.

Ich mag gar nicht daran denken.

Ich mag lieber an die roten Socken denken und das sie glücklich jeden Tag dort sitzt und sich vielleicht denkt:
"Schau dir die armen Irren an, die im Hamsterrad stecken, jeden Tag zur Arbeit hechten um ihren Part am Bruttosozialprodukt zu leisten, hab ich alles hinter mir, was geht es mir gut. Und wenn ich hier 'ne Weile gesessen habe, gehe ich wieder rein, schlürfe ein Tässchen Kaffee und lasse es mir gut gehen"


…oder so.

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